Von der Overperformer-Mom bis zum Krawallski: Die Standardbesetzung eines Elternabends

It’s Elternabend-Season! Aber hör ich da Seufzen und Jammern? Nicht doch: Im Grunde ist so ein Elternabend nichts anderes als ein sehr sehr lustiges Kammerspiel. Mit klar umrissenen Rollenfächern. Diese zehn Mamas und Papas trefft Ihr dort ganz bestimmt…

Egal, ob Krippe, Kindergarten oder Schule – die Elterntypen, die sich dort versammeln, sind immer wieder dieselben. Was ein bisschen erschreckend ist, aber gleichzeitig auch beruhigend, denn alle gemeinsam sorgen dafür, dass das System funktioniert. Die Rollenverteilung genau zu kennen kann dabei nur von Vorteil sein (irgendeiner dieser Phänotypen ist man schließlich selbst). Deshalb hier für Euch – mein Erkenntnis-Exzerpt aus bestimmt 897 Stunden Elternabend der vergangenen Jahre. 

Die Neuen, für die alles noch ganz aufregend ist. Kommen zu zweit, weil ihnen das hier total wichtig ist. Jetzt sitzen sie Händchen haltend da und sind der festen Überzeugung, dass man in der Einrichtung richtig viel bewegen, ja, wenn nötig, alles verändern kann – solange man miteinander im Gespräch bleibt. Lassen sich mit Freude in jeden Job wählen. 

Die Zombie-Mom, die vor zehn Minuten total übermüdet dem Mann die Kinder auf den Schoß gesetzt und es dann gerade noch hergeschafft hat. Puh, geil. Das ist IHR freier Abend, und dass dann noch jemand Salzstangen und Apfelschorle hinstellt! So was Schönes hat schon lange niemand mehr für sie getan. Sie leistet keine Wortbeiträge und lächelt zu jedem Thema selig, irgendwann schläft sie im Sitzen ein. Bitte erst wecken, wenn alle anderen nach Hause gehen. Dafür darf man sie zu einer extra Kuchenlieferung fürs Nikolaus-Buffet einteilen. 

Die Mom-Jackerin, die bei jeder Gelegenheit erzählt, wie das bei ihrem kleinen Xaver so ist. Wasserfarben? Das hat sie mit dem Xaver auch neulich zu Hause gemacht, aber er sagt nie «Wasserfarben», sondern ganz süß „Wasserfarbis“ … Der Ausflug in den Zoo? Da freut sich der Xaver schon sooo doll drauf … Die anderen Kinder? Sind eine super Kulisse für Xavers Welt, deshalb tut sie alles dafür, sie ihm gewogen zu halten. 

Der Vertretungs-Papa, kommt heute mal ausnahmsweise statt seiner Frau – und so besonders wie er selbst finden das auch fast alle anwesenden Mamas. Wenn er dann noch was sagt oder sogar weiß, dass dienstags immer Turnen ist, ist der Fanclub vollends hin und weg. So gefeiert zu werden gefällt ihm gut. Weshalb er sich gleich mal zum Elternsprecher küren lässt (und dafür später zu Hause mächtig Ärger kassiert, weil ja wohl klar ist, wer diesen Job das Jahr über tatsächlich erledigen wird)

Die Ratgeber-Mutti, die zu jedem pädagogischen Thema aus dem Stand eine Vorlesung halten kann. Und erwartet, dass die anderen Eltern sowie die Erzieher/ Lehrer sich genauso engagiert am Diskurs beteiligen. Schließlich liegt die Zukunft der Kinder in ihren Händen! Findet ständig, dass sich zu irgendwas zu wenig Gedanken gemacht wird. Was meist niemand außer ihr stört. Aber wenn doch, sind alle froh, sie und ihre Expertise zu haben. 

 Die Overperformer-Mom, die mit dem Familienkalender auf den Knien jedes Mal gut gelaunt das Protokoll mitstenographiert. Hat Rezepte, Bastelanleitungen und Hausmittel für und gegen alles. Was abwechselnd ein bisschen eklig und einschüchternd wirkt. Aber für die Kinder natürlich großartig ist. Gehört zu denen, die bei der unangenehmen Stille nach der Frage, wer zweiter Elternsprecher werden könnte, zuerst einknickt und sagt, „klar, dann mach ich’s halt“.

Die Routinierte, die bereits das dritte, vierte oder fünfte Kind in der Einrichtung hat. Kommt später und eigentlich nur deshalb, weil es ihr unhöflich erscheint, gar nicht vorbeizuschauen. Kennt besser als alle Erzieher sämtliche Mittagessenslieferanten der Stadt, die wirksamsten Maß- nahmen gegen Läusebefall sowie die Laternenfest-Abläufe der letzten sechs Jahre. Geht früher, weil der Mann auf dem Handy anruft und zu Hause irgendein Notfall ist. Wenn sie Glück hat, sieht nur die Mutter direkt neben ihr, dass gar keiner am Telefon dran war. 

Der Krawallski, der extra das Geschäftsführermeeting im Eiltempo durchgepeitscht hat, um es rechtzeitig zum Elternabend zu schaffen (aber keine Sorge, er hat noch genug Testosteron über). Und jetzt diskutiert er hier nur mit Amateuren? Ist ja wohl klar, dass man SO keinen Weihnachtsbasar organisieren kann. Dass das nicht wirtschaftlich ist, lernt man schon im Grundkurs Betriebswirtschaftslehre, Leute. Vergisst manchmal , dass um ihn rum auch nur Menschen sitzen, die es irgendwie gut meinen. Nur eben ohne Businessplan und Gewinnmaximierung.

Die No-Shows, die lieber erst gar nicht auftauchen, weil dann viel weniger auffällt, wenn man sich an nichts beteiligt. Gibt außerdem Schöneres, als seinen Hintern zwei Stunden auf zu kleine Stühle zu quetschen. Und man bekommt ja hinterher sowieso das Protokoll per Mail geschickt. Eine großzügige Spende für die neue Schulbibliothek wird das schon wieder ausgleichen. Aber nur wenn niemand verlangt, dass man dann zur Einweihung kommt.

Die Schoolwalk-Mom, für die die beiden Elternabende im Jahr nicht von ungefähr so zeitnah an den Fashionweeks in den großen Modemetropolen liegen. Das hier ist IHR Auftritt: Nicht nur die Outfits ihrer Kinder sind stylingtechnisch voll auf der Höhe, auch ihr eigener Look auf dem Weg zum Klassenzimmer der 3b ist instareif ausgefeilt. Hat an ihrem Tisch die längste Schlange beim Kinderschminken auf dem Sommerfest.

Noch mehr lustige (und nützliche!) Listen aus dem Elternalltag findet Ihr hier:

Photo (1) by Jess Bailey on Unsplash